Die Poesie der Linie: Jérémie Heitz

Mammut Pro Team Athlet Jeremie Heitz in der Steilwand des Obergabelhorn (Wallis, CH).

Die Poesie der Linie: Jérémie Heitz transportiert das Steilwandskifahren in eine neue Dimension

Jérémie Heitz ist kein Ausserirdischer, auch wenn er nicht von dieser Welt zu sein scheint, wenn er mit Autobahngeschwindigkeit flüssige, grosse Schwünge in die steilsten Flanken eines Viertausender zeichnet – wie ein Kaligraph, der geschmeidig die Feder gleiten lässt, ohne abzusetzen. Der 27-jährige Schweizer Steilwand-Artist aus Les Marécottes im Wallis ist kein neuer Stern am Freeride-Himmel, sondern leuchtet schon seit einer Weile am Firmament des Extremskifahrens. Seit diesem Winter strahlt er jedoch so hell, dass er mit seinem kompromisslosen Fahrstil auch abseits der Freeride-Szene bei Lesern und Zuschauern für staunende Gesichter sorgt.

Der neue Film – La Liste

Für sein jüngstes und ambitioniertestes Projekt „La Liste“ hat er sich vorgenommen, nicht weniger als 15 Viertausender in den Alpen über deren steile Flanken mit Skiern zu befahren. Seine Liste liest sich wie das „who is who“ der klassischen Hochtouren: Obergabelhorn (4063m), Lenzspitze (4294m), Zinalrothorn (4221m), Mont Blanc Du Tacul (4248m), Hohberghorn (4219m) und viele mehr. Mit Steigeisen und Pickel sind die von ihm ausgewählten Routen dieser Berge nur sehr guten, erfahrenen Alpinisten vorbehalten. Eine Abfahrt mit Skiern jedoch nur einer Handvoll Profi-Athleten weltweit.

By fair means

Im Gegensatz zu vielen Freeride- Kollegen lässt sich Jérémie Heitz nicht mit dem Hubschrauber am Berg absetzen, lediglich die Filmcrew filmt aus der Luft. „By fair means“: mit Skiern zum Berg, zu Fuss mit Steigeisen und Pickel auf den Gipfel, in einer Minute mit Höchstgeschwindigkeit wieder zurück zum Wandfuss.

Der Zweitplatzierte der Freeride World Tour 2015 ist nicht nur einer der besten und schnellsten Männer auf zwei Brettern, sondern auch ein hervorragender Alpinist. Risikoeinschätzung, Gefahrenmanagement und Sicherheit für seine Projekte am Berg wurden ihm dabei mit in die Wiege gelegt. Sein Stiefvater ist Bergführer und Bergretter und sein engster Vertrauter und Berater, wenn er seine Touren plant.

„Ich schiesse nicht kopflos in Steilwände und gehe immer bis an die Grenze“, erklärt Jérémie Heitz.

Ist er nicht 110 % von seiner physischen und psychischen Fitness und den Bedingungen überzeugt, bricht er Projekte konsequent ab. An der Ostwand des Matterhorn musste er deshalb bereits dreimal umkehren. Als Scheitern sieht Heitz das jedoch nicht, vielmehr als Kontrollsystem:

„Hätte ich keine Angst, hätte ich ein Problem.“

Solide Planung

Alle objektiven Risiken kann auch er nicht ausschalten, doch er plant jede Unternehmung über Wochen hinweg bis ins letzte Detail. Heitz kennt sein Leistungsvermögen genau, passt seine Route den Bedingungen an und ist immer mit der richtigen Sicherheitsausrüstung unterwegs. Letztendlich hat jedoch immer der Berg das letzte Wort, denn in vielen Flanken der teilweise mehr als 50° steilen Ost- und Nordwände, die sich Jérémie für „La Liste“ vorgenommen hat, sind die Bedingungen nur äusserst selten für eine Extremski-Befahrung günstig.

Idole und Pioniere

Trotz modernster Ausrüstung und professionellem Training bleibt Mammut Pro Team Athlet Jérémie Heitz bescheiden und ehrfürchtig, wenn er über seine Kindheitsidole und die Pioniere des Steilwandskifahrens Sylvain Saudan und Dédé Anzévui spricht. Sie hatten vor 50 Jahren keinen ausführlichen Wetterbericht auf dem Mobiltelefon, schweres und labiles Material und mussten vor Ort entscheiden, ob Abfahrten wie das Spencer Couloir an der Aiguille de Blaitière überhaupt möglich sind. Mit seinem Film „La Liste“ möchte Heitz den Wegbereitern des Steilwandskifahrens Tribut zollen – und zeigen, wo das Skifahren in der Zukunft hingeht.

Der Film auf Festivaltour

Der Film über die adrenalingeladenen Befahrung der Steilwände tourt diesen Winter von Festival zu Festival. Abgehakt ist das Projekt für den sympathischen Freerider jedoch noch lange nicht. Zwischen Mai und Juli sind die Bedingungen an den Bergen seiner Wahl meist am besten. Und wenn im Sommer kein Schnee liegt? Dann geht das Training mit Klettern, Biken und Drachenfliegen für den kommenden Winter in die nächste Runde – denn Jérémies Liste beschränkt sich nicht nur auf die Alpen. Die grossen, hohen Wände im Himalaya, das wäre der nächste logische Schritt für den Ausnahmeathleten.

Quelle: Mammut (PPR/Mammut/Tero Repo)

ÜBER DEN AUTOR

Rüdiger Bodmer

Rüdiger Bodmer ist ein erfahrener Wanderleiter und Lawinenexperte. Er führt professionell Touren und leitet im Winter Schneeschuhtouren im In- und Ausland. Als Ausbildner des Swiss Mountain Trainings vom Schweizer Bergführerverband gibt er auch Kurse mit Zertifikat. Im Sommer leitet er Wanderungen, Alpinwanderungen, Wanderreisen und Trekkings. Dabei arbeitet er oft mit den Bergsteigerschulen Berg+Tal und Höhenfieber zusammen. Zusätzlich engagiert er sich ehrenamtlich für den Schweizer Alpen-Club (SAC). Für Rüdiger sind Berge etwas Besonderes. Er fühlt sich mit ihnen verbunden und geniesst es, draussen unterwegs zu sein. Privat ist er oft mit Schnee- und Wanderschuhen unterwegs, aber er unternimmt auch gerne Skitouren, Hochtouren, geht Klettern oder Eisklettern. Als Guide ist es ihm vor allem wichtig, schöne Erlebnisse zu teilen und seine Begeisterung weiterzugeben. Dabei legt er grossen Wert auf Sicherheit und bereitet sich gründlich vor. Er bildet sich kontinuierlich weiter und achtet darauf, dass die Anreise zu seinen Touren möglichst mit öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgt und die Natur nicht beeinträchtigt wird. Im Laufe der Jahre hat Rüdiger ein umfangreiches Interesse und Fachwissen im Bereich Ausrüstung entwickelt. Aus diesem Grund hat er ich-liebe-berge.ch gegründet.

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