Ratgeber Kochen im Winter

Kochen im Winter? Nichts regt den Appetit mehr an als ein langer Tag draussen in der Natur. Und es gibt nichts Schöneres, als den Hunger dann mit einer Mahlzeit unter freiem Himmel zu stillen.

Wie man das aber am besten im Winter macht, erklärt Johan Skullmann. Er ist Überlebensexperte und Mitglied im Primus Testteam und schreibt:

Einen Kocher im Winter anzuzünden kann etwas schwieriger sein als in den wärmeren Jahreszeiten – muss es aber nicht: Wenn man weiss, was zu tun ist, lassen sich die Hürden, die einem Kälte, Wind und Wetter in den Weg legen, leicht überwinden.

Kochen im Winter – Windschatten suchen

Starke Winde können das Kochen erschweren. In dieser Situation bieten Hütten, Felsen oder Bäume ausreichend Windschatten. Gerade im Winter kann man aber auch einen kleinen Windschutz aus Schnee bauen. Lawinenschaufeln lassen sich hier gut zweckentfremden, natürlich vorausgesetzt der Schnee ist nicht zu pulvrig und eignet sich dafür.

Viele Leute denken, sie könnten einfach in ihrem Zelt kochen. Doch warum raten die Hersteller von Kochern und Zelten so strikt davon ab? Die Verletzungsgefahr beim Kochen im Zelt ist sehr hoch und kann sogar lebensgefährlich sein. Es ist also eine rechtliche Sache, denn keine Firma will eine solche Verantwortung tragen. Und trotzdem: Ich erinnere mich an einige Expeditionen und Situationen, in denen mir gar nichts anderes übrig blieb, als im Zelt zu kochen. Das darf aber nie mehr als die allerletzte Option sein. Man muss mehr oder weniger blind mit dem Kocher umgehen können, zu 100 % wach sein und einige Sicherheitsmassnahmen beachten, wenn man die Apsis im Zelt zum Kochplatz erklärt:

  • Hebe ein Schneeloch im Vorzelt aus und platziere den Kocher darin.
  • Sorge für umfangreiche Belüftung.
  • Lasse den Kocher nie, wirklich nie, aus den Augen.

Kochen im Winter – (Luft-)Durchzug ist alles

In einem schlecht belüfteten Zelt steigt die Gefahr einer Kohlenmonoxidvergiftung bei der Kocherbenutzung im Zeltinneren rapide an. Ein deutliches Anzeichen einer beginnenden Vergiftung ist Schläfrigkeit. Befinden sich mehrere Personen im Zelt gilt es daher gut aufeinander aufzupassen und die Mitbewohner zu beobachten. Wer ganz alleine unterwegs ist, sollte das Kochen in der Apsis aber unbedingt vermeiden! Erstes Anzeichen einer erhöhten Kohlenmonoxidkonzentration im Zelt ist eine flackernde, pulsierende Flamme des Kochers. Steht der Kocher in einem Loch, tritt dieser “Puff”-Effekt früher auf, denn dort unten steht noch weniger Sauerstoff zur Verfügung. Doch das ist kein Nachteil, sondern ein lebensrettendes Signal: Sobald die Flamme nicht mehr gleichmässig brennt, den Kocher sofort ausmachen und das Zelt sorgfältig lüften!

Moderne Zelte sind normalerweise aus synthetischen Stoffen gefertigt. Dadurch sind die Zelte zwar leicht, aber auch leicht entzündlich. Der Kocher muss deshalb unbedingt stabil stehen (z.B. auf einem Holzbrett) und darf nur mit Sicherheitsabstand zu brennbaren Dingen wie Jacken, Schlafsäcken, Karten usw. benutzt werden.

Kochen im Winter – Auswahl des richtigen Brennstoffs

In drei von vier Jahreszeiten sind LPG-Kartuschen meine erste Wahl. Diese Flüssiggas-Mischungen aus Propan und Butan haben den höchsten Energiegehalt, russen am wenigsten und punkten mit einfacher Handhabung. Ich verwende sie deshalb fast immer. Allerdings besitzt Flüssiggas einen grossen Nachteil: Ist es zu kalt, tritt das unter Druck stehende Flüssiggas nicht mehr in Gasform aus der Kartusche aus. Die Kartusche umzudrehen und auf den Kopf zu stellen ist keine Option (höchstens man hat einen Kocher, der dafür geeignet ist, wie den von uns getesteten Optimus Vega). Denn dadurch gelangt flüssiges Gas zum Brenner und es können Stichflammen herausschiessen: Zu schnell zieht man sich ernste Verbrennungen zu oder es steht das ganze Zelt in Flammen!

Bis zu einem bestimmten (Temperatur-)Punkt hilft es, die Kartuschen in der Jacke oder im Schlafsack warm zu halten. Es gibt auch Gasmischungen, die über einen höheren Anteil an Propan verfügen: Propan verdunstet bei niedrigen Temperaturen besser. Noch besser funktionieren allerdings flüssige Brennstoffe wie zum Beispiel Feuerzeugbenzin (auch bleifreies Benzin), Kerosin oder Diesel. Vorausgesetzt natürlich, man besitzt den entsprechenden Kocher.

Kochen im Winter – Schnee ist “nur” gefrorenes Wasser

Natürlich ist es bei einer Winterexpedition nicht möglich, Unmengen an Wasservorräten mit zu nehmen. Andererseits ist das gar nicht nötig: unterwegs kann man Schnee oder Eis schmelzen. Dafür braucht man einen grossen Topf, einen guten Kocher und Geduld. Denn je trockener der Schnee ist, desto länger dauert es. Etwas Wasser im Topf lässt den übrigen Schnee schneller schmelzen.

Eis sollte man vor dem Schmelzen etwas zerkleinern. Denn ein grosser Eisblock löst sich langsamer als viele kleine!

Kochen im Winter – Energie sparen, Wärme erhalten

Wasserüberschuss gibt es nicht. Hat man einmal zuviel Schnee geschmolzen, sollte man das heisse Wasser aufheben, in eine Isolierflasche füllen und vor der Kälte schützen. Beim nächsten Getränk oder bei der nächsten Mahlzeit kann man das Wasser wiederverwenden.

Ausserdem kann man die Isolierflasche nachts in das Fussende seines Schlafsacks legen und als Wärmflasche verwenden.

Bei niedrigen Temperaturen ist es wichtig, viel zu trinken. Es geht nicht nur um warme Getränke, sondern um eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme, damit man Dehydrierung vorbeugt. Ein- und Ausatmen in kalter Luft entzieht dem Körper Flüssigkeit. Zusätzlich reduziert sich bei kalten Temperaturen das Durstempfinden. Ausserdem werden Unterkühlungen und Erfrierungen durch Austrocknen begünstigt.

Quelle: Bilder Primus, Fjällräven

ÜBER DEN AUTOR

Rüdiger Bodmer

Rüdiger Bodmer ist ein erfahrener Wanderleiter und Lawinenexperte. Er führt professionell Touren und leitet im Winter Schneeschuhtouren im In- und Ausland. Als Ausbildner des Swiss Mountain Trainings vom Schweizer Bergführerverband gibt er auch Kurse mit Zertifikat. Im Sommer leitet er Wanderungen, Alpinwanderungen, Wanderreisen und Trekkings. Dabei arbeitet er oft mit den Bergsteigerschulen Berg+Tal und Höhenfieber zusammen. Zusätzlich engagiert er sich ehrenamtlich für den Schweizer Alpen-Club (SAC). Für Rüdiger sind Berge etwas Besonderes. Er fühlt sich mit ihnen verbunden und geniesst es, draussen unterwegs zu sein. Privat ist er oft mit Schnee- und Wanderschuhen unterwegs, aber er unternimmt auch gerne Skitouren, Hochtouren, geht Klettern oder Eisklettern. Als Guide ist es ihm vor allem wichtig, schöne Erlebnisse zu teilen und seine Begeisterung weiterzugeben. Dabei legt er grossen Wert auf Sicherheit und bereitet sich gründlich vor. Er bildet sich kontinuierlich weiter und achtet darauf, dass die Anreise zu seinen Touren möglichst mit öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgt und die Natur nicht beeinträchtigt wird. Im Laufe der Jahre hat Rüdiger ein umfangreiches Interesse und Fachwissen im Bereich Ausrüstung entwickelt. Aus diesem Grund hat er ich-liebe-berge.ch gegründet.

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