Problem Imprägnierung

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Viele Firmen stellen derzeit von PFOA-haltigen C8-Imprägnierungen auf das PFC-haltige C6 um – mit dem Argument, dass C6-Imprägnierungen die “sichere Alternative zu C8” sind. Doch stimmt das auch? Nein, denn PFC macht es nicht besser.

Was sind PFC-Chemikalien? Wo findet man PFC, und warum sind sie ein Problem?

Die Antwort zur ersten Frage beantwortet gleichzeitig die zweite Frage. PFC kann man überall finden, obgleich es sich hier nicht um ein natürlich vorkommendes Produkt handelt. PFC ist in unserer Blutlaufbahn, in Teppichen, in der Luft von Bürogebäuden sowie in konzentrierter Form in den Körpern von Eisbären. Warum? Weil sie umweltpersistent sind und durch natürliche Prozesse nicht abgebaut werden. Dennoch produziert die Fluorchemieindustrie immer mehr davon, und nichts davon wird sich jemals biologisch abbauen. Eine besonders hohe Menge PFC findet man in einem Grossteil der wasserdichten Outdoorbekleidung, denn diese Chemikalien werden normalerweise für die Imprägnierung dieser Materialien verwendet, um die Bekleidung wasserabweisend  zu machen.

Wäre PFC harmlos, wäre all dies selbstverständlich kein Problem. Doch wurde PFC, insbesondere die PFC-Chemikalie „PFOA“, mit der Entstehung von Krebs sowie Schädigungen des Immunsystems in Verbindung gebracht – und das bereits bei unglaublich geringen Mengen. Bereits 50 ppb (Teile pro Milliarde) im menschlichen Körper können das Leben eines jeden einzelnen drastisch verändern. Und da PFOA bio-akkumulativ ist, wird man es auch nicht mehr los.

Jetzt wird eine neue Art von PFC-haltigen Imprägniermitteln als „sicher“ verkauft: Imprägniermittel auf Basis von C6-kettigem PFC anstelle von C8. Nick Brown, Gründer von Nikwax, hat bereits vor mehr als 10 Jahren entschieden, in seinen Produkten überhaupt kein PFC zu verwenden.

Seine Meinung über den Verkauf von C6 als sichere Alternative:

Als mir gesagt wurde, dass C6 eine sichere Alternative zu C8-Verbindungen sei, begann ich dieser Behauptung nachzugehen. Ich fand heraus, dass C6 keineswegs als sicherer nachgewiesen wurde, es wurden lediglich weniger Tests durchgeführt die bewiesen, dass es ebenso gefährlich ist. Einziger Grund hierfür ist, dass C6 im Vergleich zu PFC C8-Chemikalien bislang noch nicht so viel in die Umwelt gelangt ist. C6 mit C8 zu vergleichen ist wie der Vergleich zwischen einem Grizzlybär und einem Eisbär. Man stelle sich vor, dass ein Inuit in einem kanadischen Wald zum ersten Mal einem Grizzlybären begegnet. Der Inuit hat keinerlei Beweis, dass der Grizzly gefährlich ist, kann aber sehen, dass der Bär genau so große Zähne und scharfe Krallen hat wie der Eisbär. Es ist definitiv ein Bär. Dann sollte man ihm auch nicht wie einem Rentier gegenübertreten!

C6 als sicher zu verkaufen ist laut Nick Brown so, wie wenn man die Menschheit davon überzeugen möchte, dass Bären eine Rentier-Art sind. Wer sich für weitere chemische Details sowie eine ausgiebige Liste von Studien, die Nick’s Standpunkt unterstützen, interessiert, findet diese auf nikwax.de.

Traurige Tatsache ist, dass mit dem Verkauf von C6-Imprägnierungen viel Umsatz gemacht werden kann. Da jedoch im Vergleich zu C8 noch relativ wenig C6-Produkte verkauft wurden, existieren darüber selbstverständlich auch noch wenige Studien die dagegen sprechen. Doch gibt es glücklicherweise auch Chemiker unter uns, die bereit sind die Alarmglocken kräftig zu läuten. Greenpeace haben PFC auf ihrem Radar – zumindest in Deutschland. Die Organisation erwähnt im neuen Outdoorbericht mehrfach den Begriff C6 Fluortelomeralkohol (FTOH) – es kommt in hohen Mengen in C6 Polymeren sowie in PFC-haltigen Imprägniermitteln vor. FTOH wird von der menschlichen Leber in lebensgefährliche Bausteine transformiert, die an die DNA oder Eiweissbausteine andocken (siehe u.a. Studien des Mabury Environmental Chemistry Research Laboratories, University of Toronto, Canada). Um es anders zu sagen: Diese Produkte sind definitiv keineswegs als sicher eingestuft sondern vielmehr als höchst unsicher.

Hersteller sind bislang nicht dazu verpflichtet anzugeben, ob ihre Bekleidung mit PFC-haltigen Imprägnierungen ausgerüstet wurde. Der einzige Weg dies sicher zu umgehen ist eine Bekleidungsmarke zu wählen, die auf ihren Etiketten klar und deutlich angibt, ausschließlich PFC-freie Imprägnierungen zu verwenden. Daher sollte man stets die Etiketten durchlesen oder den Fachhändler fragen, die darüber Bescheid wissen sollten, welche Marken immer noch PFC verwenden.

ÜBER DEN AUTOR

Rüdiger Bodmer

Rüdiger Bodmer testet Ausrüstung für ich-liebe-berge.ch – der ausgebildete Wanderleiter des Schweizer Bergführerverbands (SBV) sowie Wanderleiter mit eidg. Fachausweis führt professionell Touren. Im Winter leitet er Schneeschuhtouren im In- und Ausland. Dazu gibt der Lawinenexperte Kurse und Vorträge. Auch Kurse mit Zertifikat leitet er als Ausbildner des Swiss Mountain Training vom Schweizer Bergführerverband. Im Sommer leitet er Wanderungen, Alpinwanderungen, Wanderreisen und Trekkings. Viele seiner Touren führt er in Zusammenarbeit mit den Bergsteigerschulen Berg+Tal und Höhenfieber durch. Ehrenamtlich leitet er zudem Touren für den Schweizer Alpen-Club (SAC). Berge sind etwas Wunderbares für Rüdiger. Für ihn sind es Orte, denen er sich verbunden fühlt, an denen er sich wohlfühlt. Und davon gibt es einige. Er geniesst es draussen unterwegs zu sein. Privat ist er viel mit Schnee- und Wanderschuhen unterwegs, unternimmt aber gerne auch Skitouren, Hochtouren, geht Klettern oder Eisklettern und was man sonst noch so draussen anstellen kann. Als Guide will er aber vor allem eins – schöne Erlebnisse teilen und ein Stück seiner Begeisterung weitergeben. Bei seinen Touren legt er besonderen Wert auf die Sicherheit – neben einer guten Vorbereitung bildet er sich ständig weiter. Neben der Aus- und Fortbildung achtet er darauf, dass, wenn immer möglich, bei seinen Touren die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgt und die Natur möglichst nicht beeinträchtigt wird. Über die Jahre hat Rüdiger ein grosses Interesse und Know-how im Bereich Ausrüstung entwickelt. Er hat ich-liebe-berge.ch gegründet.

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