Die Antwort auf diese Frage ist doch ganz einfach: 97 %. Oder?
Aber der Reihe nach. Es ist wenige Jahre her, da gab es eigentlich nur ein System und einen Hersteller auf dem Markt. Mittlerweile gibt es verschiedene Hersteller von Lawinenairbag-Systemen und noch viel mehr Marken, die diese Systeme lizensieren und in ihre eigenen Rucksäcke einbauen – siehe die Übersicht/Vergleich Lawinen-Airbag-Rucksäcke. Bis heute wird dabei munter die Zahl 97 kommuniziert, denn 97 % ist laut Statistik die Überlebensrate mit einem Lawinen-Airbag.
Aber was bedeuten diese 97 % genau? Wie kam es zu der Zahl? Bruce Temper vom Utah Avalanche-Center schrieb dazu, dass die Zahl irreführend sei. Wie bei jeder Statistik, wird sie so dargestellt, dass sie dem Zweck und Ziel entsprechen würde. Bruce weist zum Beispiel daraufhin, dass niemand in dem Zusammenhang auf die überlebensrate ohne Lawinenairbag-System hinweist. Diese existiert aber ebenso und liegt laut dem Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) bei immerhin 81 %. Zum Beispiel, weil man noch aus der Lawinen rausfährt oder auf der Oberfläche zum Liegen kommt oder sich selbst befreien kann oder per LVS gefunden und gerettet wird oder einfach Glück hat.
Vergleicht man also diese beiden Werte, steigert das Lawinenairbag-System die Überlebensrate um nur noch 16 %. Das ist ziemlich wenig, bezieht man auch mal die zusätzlichen Kosten und das Gewicht mit ein.
Dazu kommt, dass es nach wie vor Lawinenunfälle gibt – auch im vergangenen Winter 2013/2014 – bei denen kein Lawinenairbag geholfen hätte. Zum Beispiel, weil die Verunfallten abgestürzt sind oder von der Lawine von oben zugedeckt wurden und sich nicht in der Lawine oder mit ihr bewegten.
In der April 2012 Ausgabe des Avalanche Review veröffentlichte Jonathan Shefftz fünf verschiedene Datenreihen und stellte fest, dass zwischen 35 und 81 Personen von 100, die einen Lawinenairbag getragen haben, andernfalls ums Leben gekommen wären. Das ergibt im Durchschnitt 64. Und das bedeutet, dass laut seinen Berechnungen die Überlebenswahrscheinlichkeit mit Lawinenairbag bei 64 % liegt und nicht bei den vielbeworbenen 97 %.
Meiner Meinung nach braucht es noch mehr Zahlen und Daten. Gerade auch, weil die 97 % auf mittlerweile älteren Untersuchungen beruhen. Jedenfalls sollten aktuellere Zahlen her. Dazu kommt nach wie vor der Fakt, dass die Träger einen Lawinenairbag-Systems aller Wahrscheinlichkeit nach auch ein höheres Risiko eingehen. Auch das sollte am besten idealerweise mal untersucht und nachgewiesen werden.
Am Ende bleiben viele Fragen offen. Wie viel bringt ein Lawinenairbag wirklich?
Neu zu diesem Thema: News: Lawinenairbag Studie
Quellen
Habe gerade deinen Beitrag gelesen. Hatte bisher gar nicht gesehen, dass es auf der Seite was über Airbags gibt. Meine Frage ist also beantwortet: JEIN zum Airbag 🙂
Ein “jein” ist richtig. Lies dazu auch den Artikel “Nicht ohne mein LVS” –
das SLF analysiert dort die Wirksamkeit von Lawinenrettungssystemen. Die wichtigste Erkenntnis: Ohne technisches Suchmittel sind die Überlebenschancen bei einer Ganz- verschüttung schlecht. LVS, Schaufel und Sonde gehören zur Standardausrüstung. Airbag oder Avalanche Ball sind zusätzliche Hilfsmittel.
http://www.slf.ch/praevention/verhalten/notfallausruestung/ad_2009_02_08.pdf