Mammut und Scarpa informierten in Mürren exklusiv über ihre Innovationen der kommenden Saison. Ausgewählte Journalisten aus dem deutschsprachigen Raum konnten die Produkte im Gebiet der Schilthornbahnen ausgiebig testen. ICH LIEBE BERGE war dabei.
Am Sonntagabend trafen nach und nach alle Beteiligten im schönen und attraktiv gelegenen Hotel Alpenruh in Mürren ein. Die meisten nutzten auch gleich die Möglichkeit, sich Skischuhe mittels Thermoverformung für die nächsten beiden Testtage anpassen zu lassen. Im Fokus der Experience Days standen – neben den Freeride-Maps – Freerideschuhe von Scarpa und Lawinen-Airbags von Mammut, welche mit ihrem Protection Airbag System einen effektiveren Traumaschutz bieten sollen.
Am Morgen, nachdem alle Anwesenden das Testmateriel, bestehend aus Lawinenrucksack (Mammut Light R.A.S.), LVS (Mammut Pulse Barryvox oder Mammut Element Barryvox) den Freeride-Skischuhen von Scarpa (Freedom SL, Freedom oder Maestrale RS) und diversen Ski-Modellen von Movement und Icelantic gefasst hatten, ging es mit der Gondel Richtung Schilthorn. Aufgeteilt in drei Gruppen, mit je einem Bergführer, hiess es das Skigebiet und seine Freerideoptionen auszukundschaften. Nach längerer Suche und einigen schönen Turns im schon sehr raren Pulverschnee, ging es zum Mittagessen auf den Piz Gloria (Schilthorn), wo Präsentationen von Mammuts LVS-System und den Mürren-Schilthorn-Bergbahnen auf dem Programm stand.
Es war interessant wie viel technische Innovationen und modernste Informatik einerseits und vereinheitlichende und sicherheitstechnische Normierungen andererseits in den modernen LVS-Geräten stecken. Obwohl Mammut keine neuen LVS-Geräte vorstellt, bringen sie mit dem Firmware Update 4.0 durchaus wichtige Neuerungen für die Saison 2013/2014 auf den Markt, doch dazu später.
Die Mürren-Schilthorn Bahnen, mit ihren beiden Kommunikations-Schwerpunkten “Aussicht” und “James Bond 007” vernachlässigen es derweil, nach einhelliger Meinung aller Anwesenden, ihr offensichtliches Potenzial als Freeride-Mekka zu promoten.
Nach Suppe und Häppchen entschieden wir uns – natürlich nicht ohne vorher die Freeride-Map zu konsultieren – für einen kurzen Aufstieg im nördlichen Teil des Gebiets, in der Hoffnung im dahinter liegenden Osthang auf guten Schnee zu stossen. Dabei konnten wir die Ski-Trage-Funktion der Rucksäcke testen. Ich würde sie als einfach und durchdacht bezeichnen. Wobei ich lediglich die gerade Montage, nicht aber die diagonale getestet hatte. Der allgemeine Tragekomfort des Rucksacks ist durchschnittlich. Besser als bei den ABS-Vario-Bags, aber bei weitem nicht so gut wie z.B. beim Salewa Verbier 26 Pro.
Nach dieser letzten Freeride-Einlage, machten wir uns auf den Weg zum LVS-Suchfeld, wo die neuen Funktionen der aktualisierten Firmware des Mammut Pulse Barryvox vorgestellt und getestet werden konnten. Das Haupt-Feature ist die modifizierte Feinortung, welche den Retter so nahe wie möglich an den Verschütteten heranführt und durch klare akustische und optische Signale lebenswichtige Zeit sparen soll. Dies wird erreicht, indem das klassische Auskreuzen dank verbesserter Datenauswertung und somit genauerer Ortung, praktisch wegfällt und der Retter so früher in die Spiralsondierung übergehen kann. Sicherlich eine gute Innovation, insbesondere für weniger Geübte. Das Fimware-Update 4.0 kann ab kommender Saison bei Fachhändlern auf alle Pulse Barryvox geladen werden.
Am Abend, vor Fondue und Schlittelrennen, ging es weiter mit Präsentationen von Scarpa und Mammuts Airbag.
Scarpa hatte drei Modelle zum Testen dabei, konzentrierte sich bei der Präsentation in erster Linie auf den Freedom SL, das Flaggschiff im Bereich Freeride- und Abfahrtsperformance. Die Schale besteht aus einem neuen, von Scarpa mitentwickelten Kunststoff aus Rhizinuss-Öl namens Pebax R-New®, welcher leichter und temperaturbeständiger als herkömmlicher Kunststoff ist. Der SL wird mit thermoverformbarem Innenschuh und Vibram-Profilsohle ausgeliefert. Die Sohle kann gegen eine optional erhältliche Pistensohle ausgetauscht werden, was den Schuh zu allen gängigen Alpin-Bindungen kompatibel macht.
Dem gegenüber steht das Modell Freedom, welches ich getestet habe. Vom Aufbau der Schale her ist er identisch mit dem grosse Bruder SL allerdings aus herkömmlichem, auf Ölbasis hergestelltem Kunststoff und mit herkömmlichem Innenschuh. Diese beiden Aspekte machen den Schuh um ca. 200 Gramm schwerer. Standardmässig wird der Freedom mit Pistesohle ausgeliefert, diese kann aber durch die optional erhältlichen Vibram Profilsohlen ausgetauscht werden.
Der Scarpa Freedom braucht den Vergleich mit einem Alpin-Schuh nicht zu scheuen. Die Abfahrtsperformance ist sowohl in Bezug auf den Flex wie auch auf den Forwardlean und die Passform sehr gut. Ich war überrascht wie wohl ich mich ab der ersten Abfahrt in diesem Schuh fühlte.
Touren und Freeridestiefel sind oft eher weit geschnitten, haben eine aufrechte Standposition und einen weichen Flex. Alles Punkte die sich in der Abfahrt in Bezug auf Kontrolle negativ auswirken. Beim Scarpa Freedom hatte ich mit keinem dieser Punkte zu kämpfen.
Beide Freedom Modelle verfügen über einen um 27 grad schwenkbaren Schaft! Dieser Wert macht den Freedom im Bereich der Freerideschuhe zum Primus.
Mammut wiederum setzt auf zwei verschiedene Linien bei der Entwicklung seiner Lawinen-Airbags. Für Tourengänger und Fahrer welche eher Budgetorientiert sind, bieten die schon bekannten Rucksäcke mit Removeable Airbag System RAS ein geringes Gewicht und einen relativ tiefen Preis.
Weiter gibt es das etwas teurere Protection Airbag System PAS. Die Weiterentwicklung des Snowpulse Lawinenairbag Systems zeichnet sich durch einen so genannten dreidimensionalen Airbag aus, welcher sich um die komplette Kopf-, Brust- und Schulterpartie legt und somit vor mechanischen Verletzungen schützt. Mammut möchte mit diesem System vor allem Freerider ansprechen welche sich oft in steilem, felsigem oder waldigem Gelände bewegen.
Neben den schon erwähnten Produkten stand eine ganze Kollektion von Skis der Marken Movement und Icelantic zum Testen bereit. Ich nutzte die Möglichkeit um den Movement Crew und den Icelantic Gypsy zu testen.
Der Crew ist ein neuer Big Mountain Ski mit 112 mm Breite unter der Bindung, relativ langem Rocker vorne, leichtem Rocker hinten und hohen Taillierungs-Radius. Wie für Movement typisch, fühlt man sich auf dem Ski schnell wohl. Trotzdem merkt man dem Ski die Big Mountain Ader an. Er will schnell bewegt werden, und dass in jedem Gelände. Definitiv ein Ski für fortgeschrittene Fahrer.
Der Icelantic Gypsy ist ein Backcountry TwinTip mit einem komplett negativen Vorspann und einer Breite von 125 mm unter der Bindung (bei 190 cm). Ein trotz der Länge sehr drehfreudiger Ski, dem es auch im tiefsten Powder nicht an Auftrieb mangelt. Geeignet für alle, die sich gerne im Powder bewegen und sich mehr Gedanken um den nächsten Trick, als um die korrekte Technik machen möchten. Eine Spassmaschine mit Abstrichen bei der Highspeed-Performance und in schwierigem Gelände.
Am Dienstag morgen präsentierte die Crew von Outkomm ihre “Freeride-Maps“, welche uns am Vortag schon sehr nützlich waren. Gerade wenn man sich zum erste Mal in einem Gebiet bewegt, ermöglichen einem diese 1:25000er Karten einen schnellen und detaillierten Überblick über das Gelände. Farblich markierte Flächen benennen Fahrbbarkeit und Schwierigkeitsgrad der Hänge, welche direkt von den Bahnen oder mittels kurzer, in der Karte markierter Aufstiege erreichbar sind.
Die aus praktisch unzerstörbarem Material gefertigten Karten wenden sich an erfahrenen Freerider und Tourengänger, welche im Kartenlesen und der Beurteilung von Hangneigung und Lawinensituation geübt sind.
Sie sind bereits für diverse Skigebiete in der Schweiz, Österreich, Deutschland und Frankreich erhältlich, das Angebot wird laufend erweitert.
Der Rest des Tages wurde Material getestet. Die ganze Gruppe ging auf eine Skitour aufs Hundshorn (2929 m) mit zwei Aufsteigen von je etwa einer Stunde. Für mich war das ganze Gebiet um’s Schilthorn eine Entdeckung. Das abwechslungsreiche Gelände, das unvergleichliche Panorama und die Schneesicherheit machen es definitiv zu einem grossartigen Freeride-Spot.
Es waren zwei spannende Tage, mit interessanten Produkten, welche schon jetzt grosse Vorfreude auf die kommende Saison wecken. Das Highlight für mich war auf jeden Fall der Scarpa Freedom SL, für mich der erste ernstzunehmende Freerideschuh auf dem Markt.