Männer haben mehr Alpinunfälle

Bergsport ist keine reine Männerdomäne mehr: immer mehr Frauen entdecken die Reize für sich, heute sind mehr und mehr Frauen in den Bergen unterwegs als jemals zuvor. Erstaunlicherweise schlägt sich diese Zunahme jedoch nicht in den Unfallstatistiken nieder – denn Männer haben mehr Alpinunfälle.

Nimmt man zum Beispiel den Winter: eine geschlechterspezifische Analyse der Lawinenunfälle im freien Skiraum der letzten fünf Jahre bestätigt ein unverändert männerdominiertes Bild: 85 Prozent der in einen Lawinenabgang involvierten Personen sind männlich, nur 12 Prozent der dabei tödlich Verunfallten sind Frauen. Sind Frauen risikobewusster als Männer?

Allgemein schlägt sich die starke Zunahme an aktiv ausübenden Sportlern sowohl beim Variantenfahren/Freeriden als auch bei Skitouren in der Unfallstatistik nieder, wenn auch bei Weitem nicht so stark wie es zu erwarten wäre, so Andreas Würtele vom Österreichischen Kuratorium für Alpine Sicherheit:

Aus Sicht der Unfallforschung bleibt der Alpinunfall eine Männerdomäne. So sind fast 75 Prozent der Verunfallten beim Freeriden Männer, bei den tödlich Verunfallten sogar über 90 Prozent. Beim Skitourengehen ist der Frauenanteil zwar etwas höher, aber zwei Drittel der Verunfallten sind immer noch Männer, die Todesrate liegt hier ebenfalls bei 9:1. Es ist keine statistisch signifikante Zunahme von Frauen beobachtbar, obwohl es offensichtlich wesentlich mehr Freeriderinnen und Skitourengeherinnen gibt als noch vor fünf Jahren.

Die Typologie des klassischen Lawinenopfers: männlich, 30-50 Jahre

Michael Larcher vom Österreichischen Alpenverein (OeAV), selbst Bergführer und Sachverständiger für Alpinunfälle, bestätigt:

In Österreich sind pro Jahr durchschnittlich 26 Lawinentote zu beklagen. Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung ist es jedoch statistisch gesehen nicht der jugendliche, leichtsinnige Freerider, der in der Lawine stirbt, sondern durchaus der klassische Tourengeher. Das typische Lawinenopfer ist männlich, zwischen 30 und 60 Jahre alt, gut ausgerüstet und oftmals ortkundig.

Woran könnte das liegen? Die Profi-Freeriderin Eva Walkner meint:

Mit Sicherheit sind Frauen im Allgemeinen vorsichtiger als Männer, ich denke, das liegt einfach in unserer Natur.

Ob sich Frauen in Gefahrensituationen anders verhalten als Männer, könne sie so nicht bestätigen. Damit teilt sie auch die Einschätzung der amerikanischen Profi-Freeskierin Elyse Saugstad, die ergänzt:

Ich denke nicht, dass es ein geschlechterspezifisches Verhalten im Backcountry gibt. Wie die Leute in Gefahrensituationen reagieren ist eher davon abhängig, ob die jeweilige Person auf derartige Situationen vorbereitet und trainiert ist. Andererseits lässt sich auch aus den amerikanischen Statistiken ablesen, dass der Grossteil der Lawinentoten männlich ist. Ich schliesse daraus, dass viele junge Männer eine höhere Risikotoleranz haben als Frauen. Unerfahrenheit, Draufgängertum und Naivität sind Charaktereigenschaften, die im Backcountry zum Problem werden können.

Ausrüster setzen auf frauenspezifische Produkte

Mehr denn je setzen Hersteller darauf, Produkte nicht nur farblich, sondern insbesondere technisch und von der Passform her an die spezifischen Anforderungen der Benutzerinnen anzupassen, so Andreas Würtele. Auch der Lawinenairbag-Hersteller ABS präsentierte im Januar auf der ISPO 2014 seine überarbeitete „Powder-line“ für den Winter 2014/15. Die für kürzere Rückenlängen entworfene Base-Unit bietet dank der neuen Form der Rückenplatte, den ergonomisch auf die weibliche Physiognomie angepassten Schulterträgern und dem eng anliegenden Neopren-Hüftgurt speziell für Frauen eine besonders gute Passform. Auch bei den kompatiblen Packsäcken tut sich einiges: Im Vergleich zu den Vorjahren (nur 5L und 15L) wird die Powder-line durch einen grösseren Zip-on mit 26L komplettiert, der sich hervorragend zum Tourengehen eignet und über vielfältig nutzbare neue Fächer verfügt.

Für die Freeriderin Sandra Lahnsteiner eine erfreuliche Entwicklung:

Wir Frauen haben einfach einen anderen Körperbau und eine andere Athletik als Männer, deshalb macht es Sinn zum Beispiel einen kürzeren Rucksack oder Protektor zu haben, der einfach auch kleineren Frauenrücken passt.

Eva Walkner geht es gerade beim Rucksack darum, dass dieser gut sitzt.

Die Schnitte der Herrenrucksäcke sind für mich meistens zu gross und ich fühle mich nicht wohl.

Foto: ABS Avavalanche Airbag/Roman Lachner
Foto: ABS Avavalanche Airbag/Roman Lachner
Foto: ABS Avalanche Airbag
Foto: ABS Avalanche Airbag
Foto: Freeride World Tour
Foto: Freeride World Tour

Titelbild: Grant Gunderson

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ÜBER DEN AUTOR

Rüdiger Bodmer

Rüdiger Bodmer ist ein erfahrener Wanderleiter und Lawinenexperte. Er führt professionell Touren und leitet im Winter Schneeschuhtouren im In- und Ausland. Als Ausbildner des Swiss Mountain Trainings vom Schweizer Bergführerverband gibt er auch Kurse mit Zertifikat. Im Sommer leitet er Wanderungen, Alpinwanderungen, Wanderreisen und Trekkings. Dabei arbeitet er oft mit den Bergsteigerschulen Berg+Tal und Höhenfieber zusammen. Zusätzlich engagiert er sich ehrenamtlich für den Schweizer Alpen-Club (SAC). Für Rüdiger sind Berge etwas Besonderes. Er fühlt sich mit ihnen verbunden und geniesst es, draussen unterwegs zu sein. Privat ist er oft mit Schnee- und Wanderschuhen unterwegs, aber er unternimmt auch gerne Skitouren, Hochtouren, geht Klettern oder Eisklettern. Als Guide ist es ihm vor allem wichtig, schöne Erlebnisse zu teilen und seine Begeisterung weiterzugeben. Dabei legt er grossen Wert auf Sicherheit und bereitet sich gründlich vor. Er bildet sich kontinuierlich weiter und achtet darauf, dass die Anreise zu seinen Touren möglichst mit öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgt und die Natur nicht beeinträchtigt wird. Im Laufe der Jahre hat Rüdiger ein umfangreiches Interesse und Fachwissen im Bereich Ausrüstung entwickelt. Aus diesem Grund hat er ich-liebe-berge.ch gegründet.

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