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- fragwürdig-romantisierende Annäherung an das Thema Tradition im alpinen Raum
- klischeehaft-einseitige Argumentation
- sprachlich häufig die Kitschgrenze streifend
Fakten
Die Alpenphilosophie. Eine Spurensuche nach vergessenen Weisheiten und Werten, von: Rahim Taghizadegan und Eugen Maria Schulak, Servus/Red Bull Media House, ISBN: 978-3-7104-0004-9
Angaben des Verlags:
SPURENSUCHE IN DEN ALPEN
Die Alpen bieten traumhafte Naturlandschaften, die sowohl Urlauber als auch Einheimische magisch anziehen. Auf der ganzen Welt sind Menschen von Bildern der Alpen beeindruckt. Doch worin liegen die Faszination am Landleben und die Liebe zur Natur? Die zwei „Stadtphilosophen“ Rahim Taghizadegan und Eugen Maria Schulak haben sich dieser Frage angenommen und begeben sich auf Spurensuche nach vergessenen Weisheiten und Werten der Alpen.
VERGESSENE WEISHEITEN & WERTE
Der gebürtige Iraner Rahim Taghizadegan und der Wiener Eugen Maria Schulak sprachen mit unzähligen Landwirten, Handwerkern und Traditionshütern. Inspiriert von den zahlreich besuchten Höfen, Almen und Gipfeln und den Geschichten der Bauern und Handwerker, entstand eine Hommage an das einfache Leben in den Alpen. Viele wunderschöne Fotos runden diese Spurensuche ab und machen dieses Buch zu einem modernen philosphischen Almanach.
- Maße: 18 × 25 cm
- Umfang: 272 Seiten
Buchrezension Die Alpenphilosophie
Die «schönen Seiten des einfachen Lebens» entdecken, nach dem «vergessenen Wissen» suchen, welches in den «verwinkelten Tälern, kleinen Dörfern und gemütlichen Wirtshausstuben» schlummert – diese Selbstbeschreibung lässt die Betulichkeitswarnglocken laut läuten. Und auch wenn es dann bei der Lektüre etwas weniger schlimm kommt als befürchtet ist das Buch «Die Alpenphilosophie. Eine Spurensuche nach vergessenen Weisheiten und Werten» von Rahim Taghizadegan und Eugen Maria Schulak doch eher gesättigt mit Klischees und Banalitäten. So gesehen konsequent platziert beim führenden Anbieter von alpiner Ambiente-Kommunikation «Servus» – ein Red Bull-Gewächs, das den Themenmarkt «Alpines für Genussmenschen und Outdoormodeliebhaber» mittlerweile multimedial im hauseigenen Sender, mit Magazinen und eben auch in Buchform bespielt.
Die Autoren von Die Alpenphilosophie erzählen entlang der strukturgebenden Jahreskalenders und jeweils untergliedert in die Teilbereiche Lebenszyklus / Wirtschaftszyklus / Sozialer Zyklus von den guten alten Zeiten, als Mensch und Natur noch im Einvernehmen waren. Garniert ist das Ganze mit der ein oder anderen intellektuellen Autorisierung in Form von Zitaten von oder Verweisen auf anerkannt grosse Denker sowie historischen Bezügen (deren Quellen aber nur sehr spärlich ausgewiesen werden). Dabei wechseln an pittoresker Bildsprache nicht eben unterversorgte Beschreibungen und Anekdoten zum «ursprünglichen» alpinen Leben mit mehr oder weniger geistreichen philosophischen Kaskaden, die etwas unentschieden zwischen einem mal assoziativ-essayistischen und mal analytisch-systematischen Denkstilen mäandern.
Das «Augenzwinkern», welches die Autoren schon einleitend ankündigen und abschliessend mit einem «leisen Servus» aufgreifen dient vermutlich dazu, vorauseilend den naheliegenden Kitschverdacht zu relativieren bzw. sich durch Ironierungsspuren gegen Eigentlichkeitsjargonvorwürfe absichern zu wollen. Das allerdings geht nicht auf: Zu sehr wird spürbar, dass hier alpine Kultur als Produkt urbaner Phantasieinvestitionen zusammenersehnt wird, ein ja ganz und gar nicht neues oder seltenes Phänomen, vor dem die Wiener Autoren eben auch nicht gefeit sind. Und manches – wie die im Abschlussteil etwas deplatziert eingeflochtene Bezugnahme auf die «Österreichische Philosophie» – erschliesst sich in seiner Sachdienlichkeit für das im Buch Die Alpenphilosophie verhandelte Themenkonglomerat nicht wirklich, zudem fragt man sich, was die unter diesem Titel zusammengefassten auf klares Sprechen und analytisch orientiertes Argumentieren hin ausgerichteten Denker wohl von dieser «Alpenphilosophie» gehalten hätten.
Die Gestaltung des Buchs Die Alpenphilosophie ist ziemlich konsequent auf den Inhalt des Buches abgestimmt und nicht überzeugender als dieser geraten: Die stilisierte Typografie, in welcher vor allem die titelgebenden «Weisheiten» bzw. Sprichwörter manieristisch gefasst sind, und die typische Servus-Bildästhetik sind eher auf- als eindringlich.
Alles in allem bleibt man etwas ratlos zurück – und denkt daran, dass es glücklicherweise auch deutlich weniger lieblich gedachte Auseinandersetzung mit dem Thema gibt – wie z.B. Jon Mathieus jüngst erschienene historische Abhandlung «Die Alpen», die kulturwissenschaftlichen Arbeiten von Bernhard Tschofen oder aber, wenn es denn darum geht, latent romantisierend die traditionellen alpinen Lebensformen zum Modell für eine Überwindung aus dem Ruder laufender neoliberaler Gesellschaftsprogramme zu sehen, zu den einschlägigen Arbeiten Werner Bätzings, der etwas weniger affirmativ die Alpen als «Ort des guten Lebens» apostrophiert, dafür aber substantielle Argumente und nicht vorrangig Klischeeaffirmation liefert. Ganz zu schweigen von all dem, was aus der traditionellen und zeitgenössischen selbstbestimmten alpiner Kunst- und Kulturproduktion ansonsten zu erfahren ist, wenn man sich unvermittelt auf diese einlässt. Selbst auf Spurensuche zu gehen mag damit alpenphilosophisch.
Preis
Das Buch «Die Alpenphilosophie» von Rahim Taghizadegan und Eugen Maria Schulak kostet 17,99 Euro.
Links
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