Passbilder – Landschaften der Alpenpässe Buchrezension

Passbilder Alpenpaesse 161201
Passbilder – Landschaften der Alpenpässe Buchrezension
6.1 / 10 Bewertung
PRO
  • interessanter Bildessay mit neuen Einblicken in das Titelthema
CONTRA
  • Begleittext im Gegensatz zum Bildteil etwas allzu konventionell
  • keine detaillierten Quellen/Literaturhinweise im Textteil
Testurteil
Das Buch Passbilder - Landschaften der Alpenpässe ist ein empfehlenswerter Band, der im Medium des Bildessay dem Leser bzw. Betrachter neue Ansichten eines alten Topos ermöglicht – und das ggf. auch ohne Inanspruchnahme der im Vergleich zum Bildteil überraschend konventionell ausgefallenen textlichen Begleitspur.
Struktur/Aufbau7.5
Preis-Leistung6
sprachlicher Stil6
Qualität6
Umwelt/Nachhaltigkeit5

Fakten

Passbilder. Landschaften der Alpenpässe.; Autoren: Berthold Steinhilber/Eugen E. Hüsler; Verlag: Frederking und Thaler; München 2015, ISBN-13: 978-3-95416-120-1

Das sagt der Verlag:

Über alle Berge – Auf schmalen Saumfaden überquerten Menschen bereits in der Bronzezeit die Alpen. Pilgerwege, Militärstraßen und später Autobahnen ebneten dem Menschen den Weg durch die majestätische Landschaft. In diesem Bildband spürt Berthold Steinhilber der Faszination auf 77, teils wenig bekannten, Alpenpässen nach. Entstanden sind detailreiche Bilder, untermalt mit vielen Informationen über vergessene Pfade und Geschichten von Transalp der Alpenüberquerung.

  • 240 Seiten
  • ca. 200 Abbildungen
  • Format 26,8 x 28,9 cm
  • Hardcover mit Schutzumschlag

Rezension Passbilder – Landschaften der Alpenpässe

Die Faszination von Passstrassen ist an sich selbst ein Faszinosum: denn es ist ja keineswegs so, dass diese alle aufgrund von alpenverkehrslogistischem Bedarf entstanden wären und sich der enorme Errichtungsaufwand somit politisch, militärisch oder ökonomisch erklären liesse. Seit dem 19. Jahrhundert waren es nämlich zunehmend auch ganz andere Motive – wie etwa der vom allgemeinen Machbarkeitszutrauen her befeuerte Selbstvergewisserungsbedarf einer moderner Kultur, dass eigentlich jedes Hindernis mit technischen Mitteln überwunden werden kann. Was nicht nur im Fall von Passstrassen sondern auch im Fall von Brücken, Dämmen oder Türmen der Fall war und bis weit in das 20. Jahrhundert hinein durchaus auch als touristische Attraktionen taugte: immer ging es um das Bewundern von technischen Monumenten, die ein Überwinden-Können von Hindernissen, Schwerkraft, Abgründen bezeugten. Die Pässe freilich haben sich dann nach und nach in Richtung eines Angebots von anregenden Panorama-Spielzonen für motorisierte Passanten entwickelt oder wurden zu den “Must-have”-Touren auf der To-do-Liste ambitionierter Radsportler. Die rein instrumentelle Funktion als Transitwege für Menschen und Gütertransport konzentrierte sich mehr und mehr auf einige wenige, gut ausgebaute Zentralschleusen, die nur einen kleineren Teil der befahrbaren Alpenpässe ausmachen. Diese Gemengelage aus Transitpfad – und damit auch historisch überaus bedeutungsvollen Zeugnissen der Kulturentwicklung im Alpenraum – einerseits sowie andererseits als gezielt ästhetisch inszenierte Asphaltpisten in erhabener Kulissen prägt bis heute das mit dem Begriff “Passtrasse” verbundene Imaginarium. Der Alpentransit eher unter dem Aspekt Lärm- und Abgasbelastung, der touristische Passverkehr eher unter dem der Kulissenqualität oder hinsichtlich des Challenge-Faktors besonders gefinkelter Routenführung für Motor- oder Rennradpiloten. Entsprechend gefächert zeigt sich daher auch das Spektrum von Publikationen zum Thema.

Der im Verlag Frederking & Thaler erschienene Fotoband Passbilder – Landschaften der Alpenpässe des Landschaftsfotografen Berthold Steinhalber, dessen Bilder vom auf Bergthemen spezialisierten Autor Eugen E. Hüsler flankiert werden, bewegt sich auch in diesem Spektrum. Allerdings doch etwas anders, als man es gewohnt ist – und auch in einem mäandernden Hin und Her zwischen dessen Polen: es handelt sich nämlich um einen wohl am ehesten als Bildessay zu klassifizierenden Zugang, der sich den verschiedenen Dimensionen des Phänomens “Passstrassen” in ästhetisch-exlporativer Weise annimmt. Dabei erstaunt und fasziniert vom ersten Blick an die besondere Machart der Fotos. Sowohl hinsichtlich der Auswahl von Motivwahl wie auch der Farbbearbeitung bewegt sich Steinhilber an der Grenze zur Kunstfotografie: so hat man das, auch wenn einem mancher der portraitierten Passtrassen aus eigener Anschauung oder spezifischer Muskelkaterqualität her bekannt ist, noch nicht gesehen. 77 Übergänge – für den Durchschnittsalpenkenner daher auch manche eher unbekannte – werden hier visuell unter verschiedenen Gesichtspunkten erschlossen, eine tabellarische Übersicht und eine entsprechende Karte am Ende des Bandes helfen bei deren geografischer Verortung.

Dabei ist “Passbilder” weder ein enzyklopädisch angelegtes Buch noch (Reise-)Führerliteratur im traditionellen Sinne: eine Best-of-Alpenpässe-Route wird hier nicht präsentiert. Vielmehr regt die Bildfolge zum Nachdenken an, darüber, was uns eigentlich in und durch die Alpen getrieben hat und treibt, was sich dabei zeigt an Ein- und Ausblicken auf Bergwelt und Menschenwerk. Eugen E. Hüslers Beiträge sowie einige Zitate steuern Informationen und auch immer wieder interessante Details zu den einzelnen Bildmotiven und zu weiteren historischen Kontexten bei, wirken zugleich aber oft fast wie Fremdkörper in Steinsilbers Bildwelten. Dies wohl vor allem deshalb, weil sie im Gegensatz zu dessen prägnanter visueller Sprache einer eher konventionellen Vorgehensweise und Stilistik verpflichtet und auch inhaltlich zuweilen näher an Bekanntem bleiben, das es bereits andernorts zu lesen gab und gibt. Zudem vermisst man Quellenangaben und Literaturverweise, wird hier doch viel angesprochen und behauptet.

Insgesamt also ein empfehlenswerter Band, der dem Betrachter neue Ansichten eines alten Topos ermöglicht – und das ggf. auch ohne Inanspruchnahme der textlichen Erklärung.

Preis

Das Buch Passbilder – Landschaften der Alpenpässe kostet 49.99 €.

Links

Verlag Frederking & Thaler Verlag

Auskunft beim Verlag

ÜBER DEN AUTOR

Jens Badura

Jens Badura testet Ausrüstung für ich-liebe-berge.ch – und schreibt dort wie anderswo regelmässig über alpine Belange diverser Art. Er ist Mitglied der Österreichischen Bergrettung (Ortsstelle Salzburg), Tourenleiter für Berg- und Alpinwandern beim Schweizer Alpenclub (SAC) und Bergwanderführeranwärter beim Verband Deutscher Berg- und Skiführer/Union of International Mountain Leader Association (UIMLA). Er leitet das berg_kulturbüro in Berchtesgaden, führt für die Bergsteigerschule Watzmann und ist Mitglied im Kernteam der Bergwanderakademie „ready to go“ der Bergschule „Alpine Welten“. Er lebt mit seiner Familie und einer Herde Alpiner Steinschafe am Walserlehen in Marktschellenberg.

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