Beruf Hüttenwart, ein Erfahrungsbericht

arbeiten als hüttenwart

Das Arbeiten als Hüttenwart klingt für viele nach einem Traumjob. Man ist in den Bergen, hat mit netten Leuten zu tun und kann sich dann zwischendurch noch selber finden, oder so. Doch in Wahrheit ist das nur ein kleiner Teil des tatsächlichen Alltags eines Hüttenwarts. Wir haben in einem vorhergehenden Ratgeber-Artikel bereits über die Schwierigkeiten aufgeklärt, die das Arbeiten auf der Hüttel oder Alp/Alm mit sich bringen kann.

Doch man erkennt erst so richtig, was dieser Job einem abverlangt, wenn Hüttenwarte von ihrem Alltag in den Bergen erzählen. Im Folgenden haben wir einen (ehemaligen) Hüttenwart interviewt und ihn gebeten, uns seine Sicht der Dinge zu erzählen.

Beruf Hüttenwart, ein Erfahrungsbericht

Thomas, Du hast längere Zeit als Hüttenwart – zuletzt auf der Capanna Corno-Gries – gearbeitet.

Stimmt, ich arbeitete als Hüttenwart auf der Capanna Corno-Gries mit meiner Kollegin und Angestellten. Ab August 2016 kehrte ich jedoch in meinen alten Beruf in Zürich zurück.

Wieso wolltest du nicht länger Hüttenwart bleiben?

Ich wäre gern länger geblieben. Der Grund für meine Entscheidung lag darin, dass es finanziell nicht mehr machbar war. Ich habe jeden Monat auf mein privates Vermögen zurückgreifen müssen, um weiterhin auf der Hütte bleiben zu können. Das hat stark an den Nerven gezerrt und war zudem ein sehr schwieriger Abschnitt meines Lebens. Dennoch bin ich froh, diese Erfahrung gemacht zu haben. Auch dass praktisch alle Hüttenwarte in der Zwischensaison noch einer anderen Tätigkeit nachgehen müssen, um über die Runden zu kommen, statt sich von der anstrengenden Saison zu erholen, wissen die wenigsten. Des Weiteren sind Hüttenwarte nicht von den hüttenbesitzenden Sektionen wie z.B. dem SAC angestellt. Wir sind selbstständige Unternehmer und nehmen somit das gesamte Risiko des schlechten Wetters, fehlender Gäste etc. auf uns.

Was zehrt beim Arbeiten als Hüttenwart besonders an den Kräften?

Natürlich will ich nicht nur die schwierigen Seiten des Hüttenwartberufs hervorkehren, aber es ist mir wichtig, ein realistisches Bild zu vermitteln. Denn ganz ehrlich: Wer arbeitet während der Saison freiwillig 18 Stunden pro Tag für einen Stundenlohn von weit unter zehn Franken?
Am meisten zehrt am Arbeiten als Hüttenwart aber vermutlich an den Kräften, dass die Hüttenwarte von vielen nicht beeinflussbaren Faktoren abhängig sind: Wetter, Frankenstärke usw. und somit den Erfolg nur begrenzt beeinflussen können. Wir wären bestimmt erfolgreich gewesen, wenn es im Winter vor Ostern genügend Schnee gegeben hätte, wenn nach Ostern nicht drei Meter Schnee auf einmal gefallen wären und die Lawinengefahr sich damit verschärft hätte und und und. Das sind jedoch alles Wenn-Sätze, Konjunktive, die an den Tatsachen nichts ändern. All diese Faktoren trugen schliesslich dazu bei, mich in meiner Entscheidung, den Hüttenwartsberuf aufzugeben, zu bestärken.

Und nun zu den schönen Seiten. Was hat Dich für die strengen Momente entschädigt?
Die schönen Seiten am Arbeiten als Hüttenwart liegen eigentlich auf der Hand: Man lebt und arbeitet in einer einzigartigen und oft wundervollen Umgebung ganz nah am Puls der Natur. Es ist super, wenn der Schnee schmilzt und dem Bergfrühling Platz macht, wenn die Murmeltiere wieder aus ihren Löchern kriechen, auch wenn wir sie dann wieder mit dem Besen aus den Hütten scheuchen müssen. Wenn man das Steinadlerpärchen hoch oben in den Lüften ihre Kreise ziehen sieht und die Steinböcke und Gämsen wieder zu uns ins Tal kommen, sind das unbeschreiblich schöne Momente. Das alles entschädigt für Vieles und ist auch der Grund, weshalb es die Hüttenwarte trotz des niedrigen Verdienstes immer wieder auf den Berg zieht.
Wirst du zukünftig mit der Hüttenszene in Verbindung bleiben?
Ich werde weiterhin als Vorstandsmitglied dem Berufsverband der Schweizer Hüttenwarte treu bleiben und gebe nach wie vor unsere Zeitschrift “Le Gardien” heraus.

Vielen Dank für deine Zeit, Deine ehrliche Auskunft und alles Gute!

Quelle Bilder: Thomas Patrik

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ÜBER DEN AUTOR

Giuliana Schintu

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1 Kommentar zu „Beruf Hüttenwart, ein Erfahrungsbericht“

  1. Das Interview ist sehr aufschlussreich. Als unbedarfter Tourist hat man keine Ahnung, um was sich ein Hüttenwart alles kümmern muss und auch wie teuer eine Hütte im Unterhalt ist. Wir hatten diesen Sommer eine Hüttenführung auf der Pforzheimer Hütte, bei der Hüttenwartin Ingrid gezeigt hat, was alles zu ihren Aufgaben zählt. Respekt vor allen Hüttenwarten!

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