Hütten – Sehnsuchtsorte in den Alpen Buchrezension

Test Buch_Hütten_1
Hütten – Sehnsuchtsorte in den Alpen Buchrezension
5.6 / 10 Bewertung
PRO
  • hochwertig produziert
  • teilweise eindrucksvolle Bilder
CONTRA
  • unklares Konzept
  • teilweise klischeehaft in Themenwahl, Bild- und Textsprache
Testurteil
Das Buch Hütten Sehnsuchtsorte in den Alpen umfasst eine Serie von nach Ländern (D, A, I, CH) gegliederten Hüttenportraits, verbunden mit umfangreichem Fotomaterial. Die ziemlich heterogene Mischung aus Bildband, Hüttenführer, Ratgeber und Atmosphärenmedium überzeugt allerdings nicht - es fehlt ein klarer Fokus und eine zündende Idee, der/die aus dem Buch mehr als ein unverbindliches Sammelsurium zu einem Trendthema machen könnte.
Struktur/Aufbau5.5
Preis-Leistung5.5
sprachlicher Stil6
Qualität6
Umwelt/Nachhaltigkeit5

Fakten

Hütten. Sehnsuchtsorte in den Alpen, von Bernhard Ritschel, Tom Dauer und Sandra Freudenberg, National Geographic Deutschland 2016, Artikelnummer N732176, ISBN: 978-3-86690-461-3

Verlagsangaben:

Jeder Wanderer in den Alpen freut sich schon zu Beginn einer Tour auf das Ziel: die Berghütte, wo er eine Brotzeit genießt und den Blick über die grandiose Landschaft schweifen lässt. In brillanten Fotografien und lebendigen Reportagen porträtieren Bernd Ritschel und Tom Dauer etwa 50 Hütten in Bayern, Österreich, Südtirol und der Schweiz. Der Bildband erzählt von dem Geschehen hinter den Kulissen: von der täglichen Arbeit der Wirte, die diese Hütten instandhalten und mit Leben füllen. Und auch von der Bauweise dieser Refugien, die manchmal urig-traditionell daherkommen, manchmal als moderner Neubau kühn über dem Abgrund thronen. Auf jeder Seite dieses Bildbandes spürt man unmittelbar, wie es sich anfühlt, in den Bergen unterwegs zu sein – und wie schön es sein kann, an einem dieser Sehnsuchtsorte über den Wolken in der Sonne zu sitzen.

  • Gebunden mit Schutzumschlag
  • 220 Seiten
  • 200 Fotos
  • Format: 25 x 30 cm

Buchrezension Hütten. Sehnsuchtsorte in den Alpen

Berghütten sind im Trend – jedoch weniger als jene einfach ausgestatteten Refugien im Hochgebirge, die vor allem für schutzsuchende Alpinisten gedacht waren, sondern mehr und mehr als eine Sonderform des Ambientegastbetriebs in der Höhe. Entsprechend dieser Entwicklung hat sich auch die Darstellung der alpinen Hütten im medialen Raum gewandelt: ging es einst um Informationen zu den Zustiegen, Bewartungszeiträumen und Winterraumausstattung usw. wird heute eher die atmosphärischen Dimensionen dieser meist entlegenen Orte adressiert und vermutlich auch manche Bergtour eher nach den Wohlfühlqualitäten des Hüttenziels als nach den bergsteigerischen Ambitionen ausgerichtet – die betuliche Gemütlichkeitsästhetik neue Player auf dem Bergmagazinmarkt wie das liebliche Servus-Produkt “Bergwelten” mögen hier als Veranschaulichung des Gemeinten dienen.

Dabei ist das entsprechende Publikationsspektrum durchaus differenziert: neben einer Vielzahl von eher klassischen und meist regional spezifizierten Hüttentour-Führern, systematisch strukturierten Hüttenportraits (wie z.B. das vom bewährten Autorenduo Kundert/Volken im Orell Füssli-Verlag erschienene, informative Kompendium “Die Schweizer Alpenhütten”) gibt es inzwischen auch inhaltsgetragene Werbeschriften wie das im SAC-Verlag erschienene Kochbuch “Das Beste aus den Hüttenküchen” von Monica Zettel Schulthess. Das kürzlich beim deutschen Ableger von National Geographic erschienenen Fotobuch Buch Hütten. Sehnsuchtsorte in den Alpen von Bernhard Ritschel, Tom Dauer und Sandra Freudenberg erweitert dieses Spektrum nun um die Buchsorte Bildband und folgt dabei konsequent dem eingangs beschriebenen Trend.

Aufwendig im bekannten National Geopgraphic-Stil produziert werden entlang einer subjektiv-selektiven Alpinnationalsystematik – Deutschland, Österreich, Italien und die Schweiz sind berücksichtigt – ausgewählte Hütten in zuweilen arg betulichem Bild und Text, andere nur steckbriefhaft portraitiert. Dazwischen durchblättert man mehr oder weniger markant-spektakuäre, bekannt-inszenierte und zuweilen kitischig-klischeehafte Bildstrecken. Und bleibt etwas ratlos ob des seltsamen Gemischs, das dabei entsteht: die Spannung, welche zwischen “Sehnsuchtsorten an magischen Plätzen” und “Sprungbrettern ins Abenteuer” im Vorwort beschrieben wird erweist sich als konzeptionell ziemlich unentschiedenes Sammelsurium ohne konzeptionellen Biss.

Als Hüttenführer taugt “Hütten. Sehnsuchtsorte in den Alpen” nicht recht, da es mehr um (zuweilen werbetaugliche) Stories als um Informationen geht, für ein Kompendium fehlt eine durchgreifende Systematik, für einen echten Bildband ist der Textanteil zu gross, für eine inhaltliche (z.B. historische, architektonische oder alpinistische) Auseinandersetzung mit dem Thema Berghütten sind die Beiträge viel zu vage.

Ziemlich irritierend ist auch die am Ende auf einer Seite angefügte, banal-rudimentäre Ausrüstungsberatung, die sich offenbar an Neukunden im Hüttentourismus richtet, denen zu wünschen wäre, dass sie noch andere Informationsquellen in dieser Sache konsultiren. Insgesamt gewinnt man den Eindruck, dass den andernorts ja durchaus profilierten Autor_innen nicht recht klar war, was sie mit diesem Buch genau wollen – oder aber so sehr durch die National Geographic-Vorgaben bestimmt wurden, dass ihr Anliegen zum Verstummen gebracht wurde. Schade angesichts des materiellen Aufwands, der für das Buch Hütten. Sehnsuchtsorte in den Alpen betrieben wurde – doch ohne zündende Idee (man denke an Marco Volkens “Stille Orte“, AS-Verlag), einen triftigen Fokus (wie z.B. Bernhard Steinhilbers “Passbilder“, Frederking & Thaler) und die Möglichkeit, dementsprechend konsequent an der Sache zu arbeiten lässt sich auch zu einem Trendthema kein gelungenes Buch machen.

Preis

Das Buch Hütten. Sehnsuchtsorte in den Alpen von Bernhard Ritschel, Tom Dauer und Sandra Freudenberg kostet CHF 48.50, € 39.99 (D), € 41.20 (AT).

Links

Verlag National Geographic Deutschland

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ÜBER DEN AUTOR

Jens Badura

Jens Badura testet Ausrüstung für ich-liebe-berge.ch – und schreibt dort wie anderswo regelmässig über alpine Belange diverser Art. Er ist Mitglied der Österreichischen Bergrettung (Ortsstelle Salzburg), Tourenleiter für Berg- und Alpinwandern beim Schweizer Alpenclub (SAC) und Bergwanderführeranwärter beim Verband Deutscher Berg- und Skiführer/Union of International Mountain Leader Association (UIMLA). Er leitet das berg_kulturbüro in Berchtesgaden, führt für die Bergsteigerschule Watzmann und ist Mitglied im Kernteam der Bergwanderakademie „ready to go“ der Bergschule „Alpine Welten“. Er lebt mit seiner Familie und einer Herde Alpiner Steinschafe am Walserlehen in Marktschellenberg.

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